Frechener Geschichtsverein e.V.

Im Frechener Oberdorf und auf Grube Carl

Auch für den Rundgang durch das Frechener Oberdorf bietet sich der „ZOB“ an der Kreuzung Hauptstraße/Dr. Tusch-Straße als Ausgangspunkt an. Wenden Sie sich, die Fußgängerzone im Rücken, nach Osten und folgen der oberen Hauptstraße. Vielleicht fallen ihnen die zahlreichen „Stolpersteine“ auf der linken Straßenseite auf, die hier an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Frechen erinnern? Sie wurden erst 2009 auf Initiative des Frechener Geschichtsvereins e.V. verlegt.

Gleich hinter der Straßenbahnhaltestelle „Frechen Rathaus“ mündet die Burgstraße ein. Etwa hier befand sich bis 1830 die Frechener „Spiesburg“, benannt nach den langjährigen Besitzern, der Familie Spies von Büllesheim. Frechen war ein „freies Kaufdorf“, und doch gab es zahlreiche adlige Güter, die immer wieder vererbt und verkauft wurden und die großen wirtschaftlichen Einfluss besaßen. Mit der Spiesburg war es zuletzt bergab gegangen, und Anfang des 19. Jahrhunderts war der Abriss für das heruntergekommene Gebäude die einzige Lösung. Die heutige Burgstraße steigt links an und führt Sie zum Herbertskaul, wo hinter dem Schwimmbad der ehemalige jüdische Friedhof liegt. Er ist allerdings grundsätzlich geschlossen, erinnert jedoch an die reiche Geschichte der jüdischen Gemeinde in Frechen.

Wir gehen unterdessen die Hauptstraße weiter entlang; kurz vor der Hauptpost verlässt die Bahntrasse den Hauptstraßenzug in Richtung Benzelrath. Auf der anderen Straßenseite befindet sich die evaneglische Kirche, die in der heutigen Form Anfang des 18. Jahrhunderts entstand. Allerdings ist die Gemeinde einer der ältesten im ganzen Rheinland und schon wenige Jahre nach der Reformation nachzuweisen. Besonders Kölner Bürger, die in den Mauern der freien, aber katholischen Reichsstadt ihren Glauben nicht ausüben durften, kamen ins Umland und so auch nach Frechen.Zweigen Sie kurz nach rechts in die Blindgasse ab, wo alsbald am Kreisverkehr die Alte Straße einerseits nach rechts zurück in die Frechener Innenstadt führt, andererseits aber noch einen kurzen Fortsatz in östlicher Richtung hat. Hier finden Sie auf der rechten Straßenseite den Eingang zum protestantischen Friedhof, eine wirklich schöne Anlage und Oase der Ruhe mitten in der Stadt.

Über die Blindgasse gelangen Sie zurück zur Kreuzung mit der Hauptstraße. Vom Eckhaus zwinkert Ihnen Einstein im ersten Geschoss der gleichnamigen Kneipe zu. Rechts steigt, als Fortsetzung der Hauptstraße, die Rosmarstraße an. Wenn Sie möchten, können Sie den Anstieg nehmen und gelangen in das jüngste Frechener Stadtviertel, Grube Carl. Rund um den Wasserturm aus dem späten 19. Jahrhundert war bereits in den 1950er Jahren eine neue Siedlung entstanden, deren Straßennamen – z. B. Danziger Straße, Masurenstraße, Ermlandstraße – schon darauf hindeuten, dass viele Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten hier ein neues Zuhause fanden. Bis 1995 wurden in der benachbarten Fabrik Grube Carl „Klütten“, die für Frechen so typischen Kohlebriketts, produziert. Teile der historischen Fabrikgebäude wurden zu modernen Wohnanlagen umgebaut, und in der Umgebung entstanden zahlreiche neue Einfamilienhäuser.

Hier oben ist Frechen sehr idyllisch. Weite Feldwege laden zum Spaziergang ein, und Sie könnten sogar durchs Grüne bis nach Benzelrath gelangen, das allerdings nicht mehr der historische Ortsteil ist, sondern ebenfalls eine Neubesiedlung unter altem Namen für den in den 1950er Jahren zugunsten des Braunkohletagebaus aufgegebenen Ort. Aber der Weg hier herauf ist doch etwas beschwerlich. Wer es bequemer haben möchte, geht die Rosmarstraße nur ein kurzes Stück bergauf und biegt die zweite links in die Norkstraße ab. „Auf dem Nork“ bezeichnet einen typischen Teil des Frechener Oberdorfs, das immer als Arbeitersiedlung und Heimat der kleinen Leute galt. Auf der rechten Straßenseite finden Sie einen netten Spruch am Hausbalken: „SITUS VILAT INISIT AVERNIT“. Den können Sie auch ohne lateinische Sprachkenntnisse verstehen: Sit us vi latin, is it aver nit.

Spazieren Sie ein wenig durch das Viertel mit seinen kleinen, niedrigen Häuschen. In der Broichgasse kommen Sie an einer Ausgrabungsstelle vorbei; hier wurden in den 1980er Jahren zwei Töpferbrennöfen aus dem 17. und 19. Jahrhundert entdeckt. Der Frechener Geschichtsverein hat darüber im Jahr 2007 eine Patenschaft übernommen und kümmert sich um die Denkmalpflege. Tafeln rundherum erläutern die Funktionsweise dieses für Frechen so typischen Industriezweigs, der vielen Generationen Frechenern Arbeit gab.

„An St. Severin“ kommen Sie zur 1913 errichteten Kirche im Oberdorf, auf deren Rückseite Sie noch die ursprüngliche neugotische Form erahnen. Im Übrigen wurde die Kirche in den 1960er Jahren jedoch komplett um- und neugebaut. Hier gelangen Sie auf die Dürener Straße und sehen auch die Bahngleise wieder. Gehen Sie nach links, dann gelangen Sie bald wieder zur Kreuzung von Blindgasse, Dürener Straße, Rosmarstraße und Hauptstraße und damit zum Ausgangspunkt unseres Rundgangs.