Frechener Geschichtsverein e.V.

Nah am Wald – Buschbell

„Bell“ heißt soviel wie „Siedlung am Laubwald. Um es noch deutlicher zu machen, trat ab dem 19. Jahrhundert noch der „Busch“ dazu – so ließ sich der Ort auch leichter von Horbell bei Hürth unterscheiden. Bis dahin hatte man diese Unterscheidung durch die Nennung des obersten Amtsträgers, des Vogtes, erreicht, aber „Vogtsbell“ ließ sich nach der französischen Revolution und der Abschaffung der Adelsprivilegien nicht mehr verwenden.

Dem Wald also verdankt Buschbell seinen Namen und, zumindest im Mittelalter, auch seine wesentliche Funktion: Jagd und Holzschlag sind die wichtigsten Vorrechte der Buschbeller Herren gewesen. Angesichts dieser Vergangenheit sollten Sie Ihren Spaziergang am nördlichen Ortseingang beginnen – vor dem Aussiedlerwohnheim können Sie, so wie die vielen Menschen, die alleine oder in vierbeiniger Begleitung im Wald spazieren gehen, Ihren Wagen parken. Wenn Sie möchten, tanken Sie bei einem Waldspaziergang etwas Kraft für unseren Rundgang durch den Ort; Sie können hier bereits viel Interessantes entdecken, etwa zwei mittelalterliche Grenzsteine, die die Besitzungen von Buschbell und Königsdorf markieren, und natürlich einen Blick in die große Quarzsandgrube werfen, die zwar einen guten Teil des Waldes zerstört hat, aber seit dem 19. Jahrhundert auch wichtiger Industriezweig für Buschbell geworden ist. Nehmen Sie einfach einen der vielen Rundwege, bevor Sie vom Parkplatz aus rechts die Burghofstraße hinaufgehen.

Eine Burg erwartet Sie hier nicht mehr – bis 1475 gab es wohl eine, deren Hofgut, eben: der Burghof, allerdings erhalten geblieben ist. Sie werden ihn später noch sehen. Vom Weg aus sehen Sie oben rechts die herrschaftliche Villa der Familie Schlösser, der seit Anfang des 20. Jahrhunderts das damals noch landtagsfähige Rittergut Burghof gehört. Hier oben ist die Straße noch nicht gemacht, Unkraut wuchert – Sie können sich einmal beinahe in die Zeit zurückversetzen lassen. Vorbei am Paul-Kraemer-Haus II – die vielen sozialen Einrichtungen der Gold-Kraemer-Stiftung werden uns noch häufiger begegnen – biegen Sie links in die kleine, abschüssige Straße „Dürling“ ab. Unten angekommen sehen Sie auf der „Insel“, einem Landstück, das von der Ulrich- und der Burghofstraße umflossen wird, noch Reste der ursprünglichen Fachwerkbebauung. An der Ecke befindet sich seit 1930 das Krieger-Ehrenmal aus Oomscher Keramik.

Gehen Sie weiter geradeaus in die Römerstraße. Sie hat ihren Namen nach einem spektakulären Fund aus dem Jahr 1927, als bei Bauarbeiten bei Haus Nr. 22 ein römischer Sarkophag mit Grabbeigaben entdeckt wurde. Ähnliche Funde – freilich ohne den Sarkophag, aber Reste römischer Besiedlung – fanden sich überall im Ortskern, so dass von einer intensiven Nutzung des Ortes schon während der Antike ausgegangen werden kann. Folgen Sie der sanften Kurve bis zur Kreuzung mit der Straße „Am Apostelhof“. Wie so viele historisierende Anklänge, erinnert dieser Name an das Apostelstift, das im Mittelalter Grundherr in Buschbell war und ein eigenes Hofgut hatte. An der Ecke finden Sie, umgeben von einem Miniatur-Park, ein hübsches Wegekreuz, das eigentlich das Grabkreuz des wohlhabenden Buschbeller Bürgers Johann Heinrich Schoogh ist.

Biegen Sie rechts ab und folgen der Straße bis zum Tulpenweg. Bis in die 1960er Jahre befand sich hier tatsächlich ein ausgedehntes Tulpenfeld einer nahen Gärtnerei. Heute finden Sie bei Hausnr. 2 das integrative Wohn- und Verwaltungzentrum der Gold-Kraemer-Stiftung. Sie ist eine der größten privaten karitativen Stiftung in Deutschland und geht auf das soziale Engagement der Eheleute Paul und Käthe Kraemer zurück, die nach dem Tod ihres behinderten Sohnes im Jahr 1972 die Stiftung zur Förderung und Unterstützung behinderter und hilfsbedürftiger Menschen ins Leben gerufen hatten. Der Bau am Tulpenweg war als Schule für geistig behinderte Kinder und Jugendliche, übrigens auf dem Standort der ehemaligen katholischen Volksschule Buschbell, errichtet worden; nach dem Umzug der Schule nach Habbelrath zog 2007 hier die Verwaltung der Gold-Kraemer-Stiftung ein, der bis 2011 auch der Deutsche Behindertensportverband mit dem Deutschen Paralympischen Komitee folgen wird.

Schräg gegenüber verläuft die Gedingstraße in östlicher Richtung. Sie finden hier typische Backsteinhäuser aus den 1920er und 1930er Jahren, eine erste Erweiterungsphase des alten Dorfkerns. Benannt ist die Straße nach dem „Geding“, dem herrschaftlichen Gericht, das mehrmals im Jahr stattfand und vor dem vor allem Zivilsachen und Angelegenheiten der niederen Gerichtsbarkeit verhandelt wurden. Am Ende der Straße kommen Sie zum Kirchenkamp; hier erhebt sich die mächtige Anlage von Neu-St. Ulrich, die neben der Pfarrkirche selbst auch ein Pfarr- und Jugendheim, Küster- und Priesterwohnung und das Pfarrbüro beherbergt. Sie biegen allerdings gleich rechts in die Straße „An der Vogtei“ ab, die wiederum an die Vogtsherrschaft im Ort erinnert, und gelangen damit zur Hauptstraße des Ortes, der nach dem Pfarrpatron benannten Ulrichstraße.

Dieser Straße können Sie nun bis zu Ihrem Ausgangspunkt zurück folgen. Unterwegs gelangen Sie an ein paar Punkte, die Sie schon einmal gekreuzt haben, etwa die untere Einmündung der Burghofstraße. Den weiß getünchten Burghof können Sie von hier aus sehen; gegenüber, beim Bau des Hauses Nr. 9, fanden sich Fundamentreste, die vermutlich zur ehemaligen Burg selbst gehören. Bevor Sie das Krieger-Ehrenmal erreichen, sollten Sie aber links unbedingt noch einen Blick auf die ehemalige Pfarrkirche Alt St. Ulrich nehmen. In der heutigen Form in den Jahren 1740/42 erbaut, wurde sie 1964 von der katholischen Gemeinde verlassen und der evangelischen zur Nutzung übergeben, bis diese 1986 das Bauwerk schließlich auch kaufte und umfassend restaurierte. Damit verbunden war der Bau eines Gemeindezentrums, so dass der historische Kirchhof mit Gräbern teilweise aus dem 16. Jahrhundert größtenteils zerstört wurde. Einzelne Grabsteine wurden neu aufgestellt, und die Gebeine vor der Kirche neu beigesetzt.

Die Kirche selbst ist ein schlichter Backsteinbau. Im Innern haben sich ein gotisches Sakramentshäuschen sowie eine Glocke aus dem Jahr 1515 erhalten, außerdem der neugotische Hochaltar und einige schöne Heiligenfiguren. Besondere Bekanntheit hat diese Dorfkirche jedoch aufgrund ihrer Fenster erlangt, die ab 1943 von dem weltweit bekannten Glasfenster-Künstler Prof. Georg Meistermann gestaltet und 1948-1962 eingesetzt wurden. In ihrer Farbigkeit und Formsprache machen sie die „Transparenz des Heiligen“ sichtbar, wie der ehemalige Pfarrer Dr. Rudolf Peil es nannte. Die heilige Jungfrau Maria, der Erzengel Michael, der heilige Theodor, der heilige Ulrich, die heilige Katharina von Siena und die heilige Elisabeth von Thüringen werden dargestellt. Seit 2008 besitzt die Gold-Kraemer-Stiftung die Kirche und nutzt sie als integratives Begegnungszentrum für Menschen mit und ohne Behinderung. Damit ist im kleinen Buschbell ein ganz besonderer Kunst- und Kulturraum entstanden.